Samstag, 5. Juli 2008

ISPRS-Konferenz: Tag 3 (wieder mit Social Event!)

Heute war ich wieder an der Konferenz im grossen BICC (Beijing International Conference Center). Das überrascht mich jeden Tag von neuem: Nun bauen sie überall Stände auf und auf der Treppe in den ersten Stock ist der rote Teppich nun geschmückt mit Orchideen und anderen schönen Blumen, sodass man nur noch mit der Rolltreppe rauf oder runter kommt. Was die für ein Budget haben... Ich schätze mal, dass alleine dieses Blumenarragement vom Erdgeschoss in den 1. Stock soviel gekostet hat wie die gesamte OLAT Konferenz die wir im März in Zürich organisiert haben...

Die ersten zwei Stunden verbrachte ich an der Poster Session. Alle die schon an Konferenz waren mit Poster Sessions sagen jetzt: Ihhh, das ist doch nicht... Aber doch, es war wirklich sehr spannend und gut organisiert. Total waren alleine in dieser 2h Postersession rund 250 Posters (hab sie "schnell" nachgezählt im Programm) angemeldet und über den ganzen 3. Stock des BICC verteilt. Es sind lange nicht alle erschienen, die geringste Beteiligung hatte leider die Kategorie "Education" bei der von 27 akzeptierten Postern genau einer gekommen ist. Janu, dafür hab ich sonst ein paar interessante Sachen gesehen und mit Leuten geschwatzt. Das wirklich spannende an den Poster Sessions ist ja, dass die Person die die Arbeit bzw. das Poster gemacht hat jeweils dort steht und man diskutieren kann (für die die mit dem Begriff "Poster Session" jetzt gar nix anfangen können). Man hockt also nicht passiv in einem Vortrag und läst sich berieseln sondern läuft aktiv durch die Ausstellung, liest die Poster und stellt gleich fragen. Ich denke das war nicht meine letzte Poster Session hier. Es hat jeden Tag eine neue und erstaunlicherweise immer mit etwa derselben Anzahl Posters! Man rechne: 250 Posters an 8 Tagen, da sind wir schon bei 2000 Posters!

In einem Vortrag "berieseln" liess ich mich dann doch noch (leider): Bin zu Susanne in eine Session des "Youth Forum" reingesessen, bei welcher es um Themen wie "How to write a good thesis" oder "Oral presentations" ging. Gehalten wurden die Vorträge vom "White Elephant Club", das ist bezeichnenderweise ein Club von emeritierten (=alten) Professoren die aber zum Teil trotzdem nicht viel vom Thema verstehen. Der gute Herr der einem Tipps zu "Oral presentations" - sprich: "wie halte ich gute Vorträge?" - überraschte mit so gelungenen Aussagen wie: Man solle gepflegt erscheinen, man solle nicht zu fett sein und man solle nicht mit dem Rücken zum Publikum reden. In seinen vollbepackten, relativ unsexy daherkommenden Folien sprach er auch von multimedia und neuen Technologien und schöner Graphik etc. Das alles wohlgemerkt dargestellt im Ur-PowerPoint Design schlechthin: "Übergänge". Für die die jetzt nich wissen welches ich meine (ich musste selbst auch schnell nachschauen im PowerPoint wie es heisst, hehe :-) das ist jenes üble weisse Design mit drei farbigen Würfeln (Gelb, Rot und Blau) links neben dem Titel.

Um 18 Uhr wurden dann die angemeldeten Gäste für die "Beijing Night Show" vor dem BICC versammelt und in drei Cars aufgeteilt durch die Stadt gekarrt wie die wichtigsten VIPs. Mir war nicht ganz klar warum, aber wir erhielten im 18-Uhr Feierabend Verkehr eine Polizeieskorte und wurden in Windeseile zu diesem Theater gekarrt. Das hiess konkret: Vorne ein Polizeiwagen, auf der Seite teilweise zwei und hinten glaubs noch einer. Dann bogen wir auf die "Second Ring Road" ein, wohlgemerkt eine ca. 12 bis 14 spurige Autobahn rund um Peking und die ganze eine Hälfte inkl. Einfahrten wurde extra für uns gesperrt. Schon klar, dass die hunderte von Metern aufgstauten Autos zu uns rüberschauten als wären wir Aliens. Auch ich hab glaubs ziemlich verdutzt aus dem Car geschaut. Aber so lernt man immer wieder neues: Das nächste Mal wenn ich irgendwo eine Polizeieskorte sehe mit Blaulicht werde ich wissen, aha schon wieder so Konferenzfuzzis... Musste wiederum an unsere OLAT Konferenz denken, die armen Teilnehmer die wir zum Bankettdinner 20 Minuten zu Fuss durch Oerlikon gejagt haben um Geld zu sparen. Hehe... Und es gab nicht mal einen Backup-Plan wenn es geschifft hätte! Und erst der Fondueabend: Wir treffen uns am HB aber jeder löst sein Ticket auf den Üetliberg selbst. Hihi, die Chinesen sind jedenfalls gut im bluffen und Leute beindrucken.

Die Show selbst würde ich dann in die Kategorie "pathetische Scheisse" stecken (andere nenen es "Touristenfalle"). Ich hab vielleicht die Beschreibung nicht gut gelesen aber bei einer Beijing Night Show da erwarte ich alles mögliche: Akrobatik, Zirkus, Variete, Peking Oper, Gesänge, ja sogar Rock oder Pop wäre möglich gewesen. Stattdessen kam dann eine pathethische Kostüm-Tanz-Show mit vielen "brave Chinese Soldiers" und "proud Ming oder Qing Königen" und "Ladies as pretty as Lotus flowers". Der ultimative *gähn* aber zum Glück relativ kurz (ca. 1h). Vor der Show wurde uns in Rekordtempo - nämlich 45 Minuten! - ein 6-Gang Menu inklusive Dessert aufgetischt, ein Essen das ziemlich fad und lieblos war. Auch mit dem Vegearierer weiss ich nicht so recht ob sie das wirklich geschnallt haben: Ein Gang war ganz sicher Fleisch obwohl sie beteuerten es sei kein Fleisch und ein anderer Gang - als die anderen Fisch kriegten - war sowas wie eine grosse Essiggurke, sah genauso aus, schmeckte aber wie Fisch. Ich bin überzeugt das war eine Seegurke. Ich glaub die Chinesen nehmen das nicht so genau. Alles was Gurke ist, ist Gemüse. Auch wenn es mal im Meer gelebt hat :-) An meinem Tisch sass ich übrigens mit drei sehr höflichen aber etwas steifen Pakistanern vom Vermessungsamt in Islamabad. Ich dachte, wenn dann der Sake kommt (der im Gegensatz zu Japan in China mit 56% getrunken wird!!!), dann lockert sich die Stimmung. Aber: Es gab keinen Tropfen Alkohol was nicht eben hilfreich war. Es hätte aber noch schlimmer sein können: Am Tisch neben mir sass eine Ghanerin die mit zwei Chinesen am Tisch war die absolut kein Wort Englisch konnten...

So kam es, dass ich um 21 Uhr schon mit dem Car - wieder mit Polizeieskorte! - auf dem Heimweg war. Eigentlich wäre es noch witzig gewesen noch etwas auszugehen. Nicht Beijing Night Show sondern Nightlife zu erleben. Aber Susanne war nicht gewillt nochmals aus dem Hotel zu gehen (gutes Buch, jaja... schon gut :-) und ihre Kollegen waren schon unterwegs irgendwo. Und alleine hatte ich keine Lust. So bleibe ich halt im Hotel, schaue TV und schreibe Blog... Gute Nacht!

PS: Wer über meine Blog-Publikations-Flut erstaunt ist dem sei versichert:
  1. Ich bin auch erstaunt
  2. Spätens in einer Woche wenn ich mit Josiah und ohne Laptop unterwegs bin ist Schluss damit!
PS 2: In Zürich gehts ja voll ab! Drei Tage Party im Hardturm-Stadion!! Da wär ich gern dabei gewesen... Janu, man kann ja bekanntlich nicht alles haben :-)

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Oh, und ich dachte die Polizeieskorte auf dem Ausflug unserer Summerschool in Yichang wäre was besonderes gewesen... :-(

(Ich hab ja wohl auch nix zu tun)

Anonym hat gesagt…

Hallo Joel
ich gehe mal davon aus, dass alle Blogleser wissen, was genau das, der oder die ISPRS ist/tut/soll...falls doch nicht (ich hatte noch nie davon gehört) gibt dieser Film http://isprsserv.ifp.uni-stuttgart.de/video/flvplayer.html einen Einblick. In welcher Funktion oder mit welchem Ziel gingst Du an diese Konferenz? Ist ja ein riesen Spektrum - schon beim Versuch mich im Thema etwas fit zu machen wurde mir total schwindlig... Jedenfalls freue ich mich auf weitere Berichte und find es gar nicht so dänäbe, dass Du jetzt zu den "Bloggern" zählst... andere haben deutlich weniger "zu melden"
wünsche Dir möglichst selten vegetarische Seegurken, keine bösen Darmbakterien und hie und da ewas gute Luft zum durchschnaufen Christine

Anonym hat gesagt…

Dank Deinem Blog konnte ich heute Montag Morgen bereits wieder lächeln, nach dem Super-GAU für jeden anständigen Züricher, nämlich dem Tram, das mir heute morgen vor der Nase abgefahren ist und mich - wie es sich für einen anständigen Zürcher gehört - zu übelsten Rachefantasien angestachelt hat. Aber irgendwie sind diese Rachefantasien auch "pathetische Scheisse" und so werde ich jetzt eine mentale Seegurke in der Form einer Tasse Kaffee zu mir nehmen. Gruss Thomas

Anonym hat gesagt…

Wie schlimm der Morgen mit dem abgefahrenen Tram ist, sieht man daran, dass ich oben "Züricher" geschrieben habe. Thomas.

Joel Fisler hat gesagt…

Hoi Christine,
Danke für den Film, ein tiptopper Werbefilm für ISPRS :-) Hier noch der Link zur Konferenz-Website (im Gegensatz zum sonst so glamurösen erscheinen der Konferenz hier in Peking eher etwas matt): http://www.isprs2008-beijing.org

Ich bin hier um heute einen Vortrag über das Projekt "GITTA" zu halten und am Donnerstag über die Open Source Tools "eLML" und "OLAT", beides in den E-Learning Technical Sessions. Ich schreib dann schon noch mehr dazu sobald sie vorbei sind.