Wie ich schon im letzten Blog geschrieben habe wurde nichts aus unserer mehrtaegigen Busreise durch das Hochland von Sichuan weil man uns nicht gehen liess. Scheinbar ist die Stadt Litang fuer Auslaender gesperrt. Ein Freund von mir (Armin) hat dort in der "Naehe" in einem Dorf namens Ganzi gearbeitet und dort wollten wir eigentlich hin. Alle diese Orte liegen auf 3500 bis 4500 Meter ueber Meer im tibetischen Hochland, sind aber nicht in der Provinz Tibet selbst und deshalb eigentlich nicht Visumspflichtig. Nichtsdestotrotz gabs von Shangri-La aus kein weiterkommen. In der Tiger Leaping Gorge trafen wir jedoch einen Amerikaner der uns das letzte grosse Abendteuer versprach und eine andere Route vorschlug. Er meinte wir sollten an den abgelegenen Lugu Lake gleich an der Grenze von Sichuan und Yunnan und dort ein bis zwei Tage zum naechsten Dorf in Sichuan mit Busverbindung laufen und so nach Chengdu fahren. Gesagt getan...
Nun ist das so eine Sache. Von Lijiang zum Lugu Lake sind es geschlagene 7 bis 8 Stunden per Bus. Zwar hat unsere Jugi in Lijiang alles orgainisert, den Minibus und das Hostel in Lige am Lugu Lake doch fahren mussten wir selbst :-) Also ich mein natuerlich sitzen... Der Minibus war mit 8 Personen ganz gefuellt und es sprach niemand wirklich Englisch. Ein paar Chinesische Studis konnten uns dann jeweils helfen wenn der Fahrer irgendwas sagte und so klappte das ganz gut. Die Fahrt war aber recht abendteuerlich und sehr sehr lang. Am Lugu Lake angekommen sagte Josiah den weisen Satz: "Das ist ja wie wenn Chinesen in Zuerich in ein Chinesisches Restaurant gehen wuerden!". Wie wahr. Der auf 2600m gelegene Lugu Lake ist zwar sehr schoen gelegen inmitten von grossen Nadelwaeldern aber es erinnert schon sehr an die Schweiz. Die Chinesen waren absolut begeistert weil das Wasser ganz klar und nicht schmutzig war. Fuer uns eher normal...
Die abgelegene Region ist aber nicht nur fuer die wilde und wunderschoene Natur bekannt sondern auch fuer die Braeuche des dort ansaessigen Mosuo Volkes. So herrscht bei den Mosuo scheinbar das Matriarchat, was auf der Englischen Wikipedia Seite noch ein bisschen besser beschrieben ist. Das toent ja alles sehr spannend aber wenn man als Tourist da zwei, drei Tage hingeht bemerkt man nicht viel davon. Ueberhaupt ist es in China auffallend, dass es Staedte gibt bei denen praktisch nur Frauen Taxis fahren, man sieht auf Baustellen oft auch Frauen arbeiten und man fragt sich ob es in China wegen dem Kommunismus wohl mehr Gleichberechtigung gibt als anderswo. Keine Ahnung, vielleicht kann jemand mit mehr Wissen zu diesem Thema einen Kommentar publizieren?
Vom Matriarchat haben wir im Dorf Lige nicht viel gespuert ausser, dass fast alles von Frauen geleitet wurde: Hostels, Shops etc. Unser Hostel war der Hammer. Das Dorf Lige ist ein kleines Dorf mit vielleicht 100 Holzhaeusern, direkt am See mitten in der Natur. Wir hatten fuer 14 Euro das wohl beste Zimmer bis jetzt. Balkon mit Blick auf den See, super Bad/WC, zwei Doppelbetten, TV, Wasserkocher&Tee (etwas das man haeufig antrifft in besseren Zimmern) und feines Essen. So sind wir zwei Tage dort rumgehaengt und sind ein bisschen am See spazieren gegagen sowie einen Tag ins naechste Dorf gelaufen von wo ein kleiner Sessellift rauf auf einen Berg mit einer Grotte ging.
Eine lustige Geschichte die typisch ist fuer China gabs am Mittag als wir versuchten Essen zu bestellen. Wir waren ja seit Shangri-La ohne Daniel und mussten uns selbst mit meinen bescheidenen Chinesisch-Kenntnissen durchschlagen. Nun dieses "Dorf-Restaurant" bestand aus ein paar Tischen und einer Grossmutter die kochte. Wir kamen an und ich mein beruehmtes "Wo bu chi rou"-Saetzchen welches mit ganz vielen fleischlosen Gerichten quittiert wurde (nehme ich an). Schulterzuckend kam ich mit meinem zweiten "Ich weiss nicht..." Saetzchen hervor und die Grossmutter verschwand. Scheinbar ging sie in den Garten, denn sie kam 10 Minuten spaeter zurueck mit einer Schuessel voll frischem Gemuese das sie im Garten geholt hat und zeigte uns deren Inhalt. Unsere Augen glaenzten und Josiah und ich zeigten begeistert mit dem Daumen nach oben was sie veranlasste wieder in die Kueche zu verschwinden. Nach rund 20 Minuten kam sie mit einer grossen Schuessel Reis, einer feinen Gemuesesuppe, einem Teller mit Ei und Tomaten und noch einem rassigen Gemuesericht mit Chile, Zuchetti und anderem. Super! Und all das fuer 2 Euro (20 Yuan), gewachsen in ihrem Garten, gewaschen mit frischem Bergwasser (das man dort sicher haette von der Leitung trinken koennen... Die Chinesen machten das jedenfalls). Essen in China ist wirklich super. Nie hatten wir Magenprobleme, fast immer war es fein (ausser waehrend der Konferenz, man lese die alten Blog-Eintraege) und oft ist es sehr sehr billig.
Zurueck zum Lugu Lake. Es mag sein, dass es vor ein paar Jahren noch keine Strassen um den See nach Sichuan gab. Aus der holprigen 7h Fahrt ueber Dreckstrassen und halsbrechrische Kurven und Schlammlawinen zu schliessen konnte es gut stimmen, dass wir nach Sichuan laufen muessen um den Bus zu nehmen. Doch das Gegenteil war der Fall: Von Lige aus fuhr uns der Freund (einer der Freunde??? Die Frage stellt man sich unweigerlich, denn im Lonley Planet steht, dass die Frauen jeweils mehrere Maenner haben :-) Siehe Stichwort Matriachat weiter oben :-) auf einer holprigen Strasse in ein Dorf auf der anderen Seeseite. Doch ab da fuhr dann der Bus direkt ins Tiefland und zwar alles auf Teerstrassen! Nicht viel abendteuer also, einfach anstregend, denn auch da gab es trockene Schlammlawinen und Schlagloecher die einem huepfen liessen. Zum Glueck sind wir aber schon kurz nach 6 Uhr in Lige losgefahren und kamen als erste zum Bus. So hatten wir die vordersten Plaetze und die Fahrt war eine Art Kino durch die verschiedensten Landschaften und Doerfer Chinas. Von Lige auf knapp 3000m aus hinunter ins Tiefland nach XiChang auf vielleicht 500m oder weniger in wiederum rund 7 Stunden. Um 15 Uhr kamen wir dann in dieser voellig untouristischen aber an der Bahnstrecke Kunming-Chengdu gelegenen Stadt an.
Seit wir Lijiang verlassen haben waren Josiah und ich eigentlich immer die einzigen Westler. In Lige trafen wir einen Finnen den wir schon in der Tiger Leaping Gorge kennengelernt hatten und er war sehr froh ein paar Weisse zu treffen die Englisch sprachen! So schloss er sich uns an auf unserer Fahrt nach Chengdu. Und Daniel wuerde in Shangri-La eingeregnet und machte sich ebenfalls auf den Weg nach Chengdu, allerdings via die "Normalroute" durchs Tiefland und nicht via Lugu Lake. So vereinbarten wir uns alle in XiChang zu treffen, denn dort fuhr der Zug nach Chengdu. Es fand gerade das alljaehrliche Stadtfest statt und XiChang war ueberfuellt mit Leuten. Zum Glueck war Daniel schon einen Tag vorher dort und konnte fuer uns Zugtickets kaufen, denn alles war ausgebucht fuer die naechsten Tage!
Wir waren also weit und breit die einzigen Weissen in XiChang und wurden enstprechend angestarrt. Das ist eigentlich sehr witzig, denn alle rufen jeweils Hello oder How are you und wollen mit einem reden, wenn sie den ein bisschen Englisch koennen (sonst auch :-) Josiah wir oft gefragt ob er mit irgendwelchen Kindern fuer ein Foto posieren kann. Am Bahnhof von XiChang ging das soweit, dass sich wohl 20 bis 30 Personen um uns stellten um uns anzuschauen und ich hab ein Foto von Josiah mit etwa 10 Kindern runderhum am posieren. Es war sehr lustig.
Der Hammer war dann aber die Zugfahrt. Es gab absolut keine Schlafwagen-Plaetze mehr und so blieb uns nichts anderes uebrig als in der billigsten Hardseater Klasse 12h nach Chengdu zu fahren. Wohlgemerkt, nach einem anstregenden Tag im Bus der um 6 Uhr in Lige begonnen hatte! Um 18 Uhr gings also weiter mit dem Zug von XiChang nach Chengdu. Die Leute stuermten in den Zug und wir waren ueberwaeltigt wie das abgeht. Jemand mit dem Megaphon schrie draussen "schneller, schneller", ein Schaffner im Zug drin stopfte, mostete, quetschte die Leute in den Zug rein und es war ein unglaubliches Gedraenge um reinzukommen. Wir wurden wie immer angestarrt aber nicht angefasst auch nicht angeschrieen wie die Chinesen :-) Wohlgemerkt, es waren nummerierte Plaetze.
Der Zugfahrt selbst war dann ein Alptraum und der Hammer in einem. Sozusagen ein einmaliges Erlebnis das man erlebt haben muss aber nicht wieder machen moechte. Es war ein offener Wagen mit jeweils auf der einen Seite 6er Sitze und auf der anderen Seite 4er Sitze. Wir sassen in unserer Reihe mit 8 Frauen und einem 11jaehrigen Jungen die nach XiChang fuers Fest kamen und nun nach Chengdu nach Hause gingen. Josiah spielte mit dem Jungen chinesische Schach und gewann fast immer, was ihn sehr stolz machte. Zum Glueck war Daniel wieder dabei, so konnte er uebersetzen. Spaeter machten sie noch Kartenspiele und wurden immer aufgedrehter, tanzen auf den Sitzen und hatten es ziemlich lustig bis ich um Mitternacht fand er koenne mal schlafen probieren, was er vehement ablehnte, dann aber prompt innert Minuten einschlief. Der Rest der Nacht war dann ein Erlebnis fuer sich. Die Ganze Nacht voll Licht, etwa alle Stunde ein Halt mit einem grossen Gedraenge und neuen Leuten die reinquetschten, die Leute schliefen unter (!) unserem Sitz, im Gang, am Boden, im stehen, im sitzen, irgendwie. Und irgendwann kotzte mir auch noch eine Frau vor die Fuesse, gerade was ich noch gebraucht hatte. Ich fand es erstaunglich wie ausdauernd die Chinesen sind. Ganz selbstverstaendlich stieg ca. morgens um 3 eine Frau mit einem Kind im Alter von Josiah ein (oder juenger) und dieser Bub stand geduldig waehrend 2h bis der Zug zwischen 5 und 6 in Chengdu ankam. Es gibt eben in der billigsten Klasse auch noch Stehplaetze die noch billiger als unsere 6 Euro Tickets (fuer 12h!) sind!
Nach dieser sehr sehr anstrengenden Fahrt kamen wir kurz vor 6 dann in Chengdu an und wurden zu hunderten (tausenden?) wie Vieh durch die Bahnhofshalle und die Ausgangskontrolle getrieben. Es gibt in China jeweils Eingangskontrollen (Gepaeck, Ticket etc.) um in den Bahnhof zu kommen und Ausgangskontrollen um wieder aus dem Bahnhof raus zu kommen. Unglaublich... Per Taxi gings dann ins von Susanne empfholene Hollys Hostel wo ich grad sitze, aber das ist eine andere Geschichte :-) Bis zum naechsten Mal.
Bilder leider wieder keine, sorry... Zu muesahm...
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