Montag, 1. Februar 2010

Ferien in Hawaii: Kauai, die Garteninsel

Relativ spontan entschieden wir uns kurz vor Weihnachten die Ferienwoche nach Silvester auf Hawaii zu verbringen. Die Preisen sind momentan tief, wir haben ein Schnäppchen-Direktflug für rund 400.- pro Person gefunden mit dem "Nachteil", dass Josiah drei Tage zu spät zur Schule kam.

Hawaii besteht aus mehreren Inseln von denen 6 oder 7 von Touristen besucht werden dürfen. Nach Internet-Recherchen und Beratung durch Freunde entschieden wir uns für Kauai, die "Garteninsel". Ein paar Eckdaten: Kein Haus auf Kauai darf höher als eine Palme gebaut werden, keine Stadt hat mehr als 10'000 Einwohner, es hat nur eine grössere Strasse auf der Insel die nicht mal ganz rund herum führt und vor allem der Norden der Insel ist sehr sehr grün, mit viel üppigem Regenwald und unberührter Natur. Genau was wir brauchen, nix dem dem Waikiki-Honolulu-Hubba-Bubba, was mir wohl ziemlich auf den Wecker ginge...

Nervös, wie schon lange nicht mehr vor einem Flug, stieg ich am 2. Januar in LAX ins Flugzeug nach Lihue, der Hauptstadt von Kauai. Der Flug war relativ unspektakulär, denn die LAX-Startbahn geht ja direkt raus ins Meer und das ist auch alles was man die nächsten 5 Stunden sieht. Bis plötzlich, mitten im Pazifik, Kauai auftaucht. Dort angekommen stellte sich ziemlich schnell das Hawaii-Feeling ein: Aloha (Willkommen) hier, Malaho (Danke) da, ein kleiner Flughafen direkt am Meer, ohne grosse Security-Checks oder Warteschlangen, das Mietauto gefasst und nicht mal eine Stunde nach der Landung cruisen wir der tropischen Küste entlang gegen Norden.


Auf Kauai gibts, ausser in der Hauptstadt, praktisch keine Hotels. Dafür gibts umso mehr Studios, Condos und kleine Appartmants die man wochenweise mietet. Normalerweise ist über Weihnachten/Neujahr alles ausgebucht, die Preise sind horrend und wir hätten Monate im voraus via Internet irgend eine Bleibe buchen müssen die sich dann nicht als das was die Bilder versprachen entpuppt hätte. Diesen Winter ist alles anders, seit Jahrzehnten war die Auslastung nicht mehr so tief, die Amis sparen und machen Ferien auf dem Festland. Uns und unserem Reisestil kommts entgegen, denn wir machen uns erst einen Tag vor der Abreise daran Unterkünfte zu suchen und merken, dass es auf Kauai keine Hostels gibt, dass Campingplätze staatlich sind und ein Permit brauchen, welches man nur wochentags in der Hauptstadt abholen kann (und wir kamen an einem Samstag an) und es auch sonst nicht ganz so einfach ist wie wir uns das gewohnt sind. So verschicken wir noch ein paar Mails vor dem Abflug, drucken ein paar Mietobjekte aus und fahren nach unserer Ankunft in Kauai los in Richtung Priceville und Hanalei.

Für die Vermieter ist es etwas ungewöhnlich, dass die Mieter sich bereits auf der Insel befinden und anrufen "Können wir ihr Haus sehen?". Normalerweise gibts wie erwähnt Vorauszahlung, Wartelisten etc. aber eben, viele Wohnungen sind leer und von den nach Region und Preisklasse in Frage kommenden Objekten können wir am Samstag Nachmittag grad etwa 5 oder 6 anschauen gehen. Die eine Wohnung, obwohl uns die Vermieterin mit einer Preisreduktion von $250 auf $150 pro Nacht lockt, entpuppt sich als modern und luxuriös, liegt aber mitten in einer üblen Reihen-Condosiedlung, eine andere Wohnung ist etwas zu dunkel und eine dritte ist am Highway gelegen (was nicht ganz so schlimm ist wie es tönt). Der "Highway" nennt sich zwar so und ist mehr oder weniger die einzige Strasse auf der Insel, geht praktisch rund um die Insel ausser an der Na Pali Coast, dazu aber später mehr. Trotzdem ist sie ein kleines Strässchen, dass teilweise sogar nur einspurig verläuft, also gar nicht was wir uns unter einem Highway vorgestellt hatten. Trotzdem entschieden wir uns für das allerletzte Haus das wir sahen, in Wainiha praktisch am Ende der Strasse gelegen. Das Haus ist tsunamisicher auf rund 10m hohen Betonpfeilern gebaut, was den Vorteil hat, dass man perfekt über den Regenwald in die Berge sieht. Die ganze Wohnung ist ein grosser Raum mit vielen Fenstern und einem Jacuzi auf der Terasse. Was will man mehr! Ein paar Fotos von der Wohnung und der grandiosen Aussicht.



Uns gefiel es hier so gut, dass wir von unseren 10 Tagen gleich die ersten 7 hier verbrachten. Und mit $99 pro Nacht wars sogar die billigste aller Wohnungen die wir angeschaut hatten. Was will man mehr? Also, falls ihr je mal nach Kauai geht und eine Wohnung sucht, die Rainbow Villa kann ich empfehlen :-) Den Besitzer haben wir nie getroffen, doch zuständige Typ war ein "Surfer-Dude" aus Santa Cruz der hier hängen geblieben ist. Chill man!

Unsere Herberge war direkt bei Hanalei, dem "laid-back" Surfer-Kaff schlechthin. Guter Ausgangspunkt für zahlreiche Aktivitäten: Am grossen Sandstrand hängen, surfen, mit Kanu dem Hanalei-River entlang fahren, Botanischer Garten besuchen, noch mehr Strände besuchen oder einfach nur in Bars rumhängen. Es verging glaubs kein Tag ohne Piña Colada oder Mai Tai, sei es im chilligen Hanalei Dolphin Restaurant oder in der Bar des pervers teuren St. Regis Princeville in welchem wir für einen (zugegeben: spektakulären! siehe Photo) Sonnenuntergang mit ein paar Drinks gleichviel bezahlt haben wie sonst für ein Abendessen.


Mein Höhepunkt (Josiah und Seraina würden ev. etwas anderes sagen, wer weiss... aber es ist ja mein Blog :-) war aber die Wanderung der unberührten Na Pali Küste entlang bis zum Kalalau-Strand wo wir eine Nacht campierten und tags darauf zurückkehrten. Ich weiss nicht ob ihr King Kong gesehen habt, diese Szenen wo sie auf die Insel gelangen, oder Jurassic Park, wenn der Helikopter zur Insel fliegt oder auch gewisse Regenwald-Szenen in Avatar: Genau das ist die Na Pali Coast und genau so schön wie in den Filmen ist es dort auch. Normalerweise sind Permits (man braucht eine Bewilligung um weiter als die 2-Meilen-Marke zu wandern und um im State Park zu übernachten) in dieser Saison seit Monaten ausgebucht doch wir kriegten unter der Woche noch problemlos drei Permits (Wochenende waren ausgebucht). Am Donnerstag, noch vor Sonnenaugang, starteten wir im dunkeln am Nordende der Strasse beim Haena State Park und machten uns auf den 18km langen weg. Nun 18km tönen nach einer satten Wanderungen für einen Tag aber wenn dann noch rund 1500m Höhenmeter - teilweise im Schlamm - dazukommen, dann wirds richtig anstrengend. Der Weg geht zwar von einem Strand zum nächsten der Küste entlang aber er geht nie und ich meine NIE geradeaus, es geht immer rauf, einer Klippe entlang und dann runter in eine Bucht wo man meistens über einen Bach balancieren muss und dann gehts schon wieder rauf zur nächsten Bucht.








Der Trek beginnt ganz auf der Nordseite mitten im Regenwald. Ich muss vielleicht noch erwähnen, dass die Berge oberhalb der Na Pali Küste mit 12'000mm der regenreichste Ort der Welt ist! Glücklicherweise schien bei unserer Wanderung an beiden Tagen die Sonne, doch der Weg beginnt so oder so als Schlammschlacht knöcheltief im Schlamm. Nach dem ersten Strand ist der Weg offiziell nur noch für Hiker mit einem Permit zugänglich, sodass man praktisch alleine ist, denn Tagesausflügler gehen nicht weiter. Die Natur ist spektakulär, tropisch und grün, Agaven so gross wie ich sie noch nie gesehen habe, raue Klippen und ein wildes, tosendes Meer. Je weiter man nach Westen wandert desto trockener wird es, die Vegetation ändert sich, der Weg wird kleiner aber dafür staubig trocken und unter einem ist immer das tosende Meer, welches gerade im Winter hier auf der Nordseite mit 10-Meter-Wellen ziemlich rauh und spektakulär ist. Im Sommer wäre es hier ruhiger und man könnte sogar an teils Stränden baden, im Winter ausgeschlossen. Kurz vor dem Schluss jagt einem der Weg nochmals den Puls rauf, denn er geht knapp einen halben Meter breit einer Klippe entlang und gleich daneben gehts ziemlich gerade runter, auf direkt Weg ins Meer ohne Chancen auf eine Rückkehr...

Der Kalalau-Strand selbst war leider nicht existent, denn wegen dem Sturm der in den Tagen zuvor herrschte und weil es im Winter eh viel höheren Wellengang hat, kam das Wasser bis fast rauf zum Weg. An baden nach so einer langen Wanderung war nicht zu denken, Josiah und ich hielten trotzdem unsere Füsse rein aber das wars dann auch schon. Der Mix an Leuten die dort sind war sehr amüsant. Es gibt auf der einen Seite die Hippies und Neo-Hippies die zum Teil wochen- und monatelang dort leben, ab und zu mal zurück nach Hanalei wandern um einzukaufen oder bei Hikern betteln ob sie was übrig haben. Es war wirklich lustig, Hippies wie aus dem Bilderbuch, lange Haare, Bärte, oben ohne oder ganz nackt, mit Tüchern und Stoffen und Hängematten hatten einige sich fast schon sesshaft eingerichtet, kochten über grossen Feuern und schienen dort recht glücklich und zufrieden. Und dann waren da die Hiker - zu denen ich uns jetzt zählen würde - mit ihren high-tech Zelten und Dauenschlafsäcken, mit kleinen und leichten Gas- oder Benzin-Trekking-Kochern und synthetischer, leicht trocknenden Shirts und Hosen. Die Hippies verteilten sich relativ lose über die ersten knapp 1.5km wenn man von der letzten Klippe runterkommt nach Kalalau. Die Hiker/Trekker hingegen waren alle versammelt auf dem offiziellen Campingplatz ganz am Ende des Trails, praktisch gelegen bei einem Wasserfall mit sauberem Wasser und natürlich mit Toiletten. Wo kämen wir da hin... :-)

So oder so waren eigentlich alle Leute dort relativ entspannt und sympathisch, ganz so extrem wie oben beschrieben war die Segregation natürlich nicht und alle die es nach Kalalau geschafft hatten schienen glücklich und zufrieden. Wir hatten schlecht geplant oder nicht daran gedacht hier länger zu bleiben oder uns einfach schlecht informiert, jedenfalls hatten wir nur Proviant und Permit (wurde in Kalalau eh nicht kontrolliert) für eine Nacht und so gings schon tags darauf mit müden Beinen knapp 20km zurück. Das war nicht ganz ohne... Als wir fast zurück waren kamen uns die ersten Tagesausflüger entgegen und einer fragte allen ernstes: So are there many outlaws in Kalalau? Haha :-)

Das beste kam dann am Schluss: Total verschwitzt und Müde machte ich den Vorschlag noch kurz ins Meer zu hüpfen, zumindest soweit rein wie es uns sicher erschien (schwimmen war auch hier nicht möglich). Schnell umziehen, alles schnell ins Auto rein, inklusive Hosen mit Autoschlüssel, Auto zu, zack, Kofferaum zu alles verstaut und wir stehen in Badehosen ohne Geld, Handy, nix... vor dem verschlossenen Auto kurz vor Sonnenuntergang, müde und ready für ein Bad und Abendessen. Seraina war ziemlich ausser sich "Nicht schon wieder..." (Einschub: eifrige Blog-LeserInnen mögen sich an den Sommer erinnern, als ich auch kurz vor Sonnenuntergang in der Halbwüste die Schlüssel verlor...) und den Tränen nah. Auch ein ausgeliehenes Handy half nicht viel, denn es gab keinen Empfang dort am Ende der Strasse...  Ein paar Brasilianer nahmen uns dann - etwas erstaunt weil wir alle im Badekleid waren - zurück zu unserem Appartement, dessen Schlüssel glücklicherweise nicht im Auto war sondern versteckt hinter einem Pflanzentop beim Eingang der Wohnung. (Noch ein Einschub: Fleissig LeserInnen mögen sich an den Ausflug - ebenfalls im Sommer - ins Six Flags Magic Mountain erinnern, wo ich im dunkeln einen Sack mit Handys und Kamera und Autoschlüssel versteckte, weil man nix auf die Achterbahn nehmen durfte, und anschliessend alles geklaut wurde... Der Aufenthaltsort von Schlüssel ist deshalb bei mir immer ein abwägen: Beim Haus/Auto etc. verstecken mit der Gefahr des geklaut werdens oder mitnehmen mit der Gefahr ihn zu verlieren? Unsere neuste Lösung ist wohl die beste: Seraina nimmt ab jetzt Autoschlüssel etc. :-) So rief ich den Autoclub an - dessen Mitgliedschaft haben wir wohlweislich in der ersten Woche hier in den USA gelöst - und nach etwas mehr als 2 Stunden kam der Abschleppwagen der mit mir zurück zum Parking fuhr wo es mittlerweile stockdunkel war.  Ich meine wirklich stockdunkel, denn in Hawaii gibts tausende von Kilometer rundherum keine Städte und die Strassen sind nicht beleuchtet. Ich betone das als Entschuldigung für den Knüller des abends, denn ich lotste den Mechaniker direkt zum letzten Auto des Parkplatzes (alle die in Kalalau übernachten lassen ihr Auto hier stehen) und relativ professionell mit Luftkissen und Eisenstäben war das Auto auch schon offen. Ein paar Minuten lang suchte ich den verdammten Hebel um den abgeschlossenen Koffer zu öffnen bis ich merkte, dass der Kofferraum ja gar nicht vom Rest des Autos abgetrennt war, ergo wars gar nicht unser Mietauto... Peinlich, peinlich, ich versicherte ihm, dass das unter uns bliebe (und publiziere es auf meinem Blog, jaja...) und wir machten uns daran das nächste Auto zu knacken. Ich mein, die waren alle weiss und überhaupt sehen diese Mietautos alle gleich aus :-) Anyway, wir hatten unser Auto zurück, endlich!

Die restlichen drei Tage verbrachten wir dann auf dem südlichen und westlichen Teil der Insel. Am Samstag fuhren wir vom einen Ende des Highways alles runderhum bis zum anderen Ende der Strasse. Das lustige ist, dass das westliche Ende der Strasse ziemlich genau 1000 Höhenmeter oberhalb des Kalalau-Strandes ist. Das heisst, wir standen nun am Aussichtspunkt und schauten runter auf den Strand den wir mit viel Strapazen tags zuvor erreicht hatten. Aber: Es gibt keinen Weg runter, dh. es gab mal einen aber der wurde bei einem Sturm weggespült und Leute, die von hier aus runter nach Kalalau wollten, sind schon gestorben weil es felsig und steil ist. Die Gegend um den Weimea Canyon heisst nicht umsonst "Grand Canyon von Hawaii" und ist wirklich fast so eindrücklich wie der grosse Bruder in Arizona! Von unserer geplanten Wanderungen machten wir dann nicht eine, einerseits weil uns noch die Beine wehtaten und andererseits weil diese Region die regenreichste Region der Welt ist und obwohl wir beim Kalalau-Trail entlang der Na Pali Küste Glück hatten, war jetzt wieder Regen angesagt. Eine Nacht im Regen im Zelt, ganz gemütlich zwischen all dem üppigen Grün der Vegetation! Aber zum wandern... Nein danke... So gings am Sonntag runter ganz in den Süden wo natürlich die Sonne schien. Das scheint hier immer so zu sein: Im Nord-Westen stauen sich die Wolken und es regnet oft und ist tropisch-feucht, im Süd-Osten hingegen ist es oft sonnig und "eher" trocken. Ich sage "eher" trocken weil uns Leute gesagt hatten, "im Süden da ist praktisch eine Wüste" aber nachdem wir hier die Wüste von Nevada und Kalifornien gesehen habene (richtige Wüste!) mussten wir lachen: Der Süden ist nicht ganz so tropisch wie der Norden aber es ist immernoch überall grün, grüne Weiden, viele Büsche und Sträucher etc.




Die letzten beiden Tagen hingen wir am Strand rum, schnorcheln, baden, whale-watching (cool!!!) oder in teuren Bars den Sonnenuntergang geniessen. Die ganze Region um Poipu hatten wir uns viel hässlicher und touristischer vorgestellt als es schlussendlich war. Ich hatte die "Kein Haus darf grösser als eine Palme sein"-Regel vergessen und mir irgendwelche Beton-Bunker a la Kotza-Brava oder Cancun vorgestellt, aber eigentlich ist es recht charmant, etwas mehr auf den (bescheidenen) Massentourismus ausgerichtet und dafür hats weniger so komplizierte All-Organic-Körnlipicker und mehr ganz normale Touristen. Was auch angenehm sein kann...




Mein Fazit: Kauai ist wirklich eine superschöne Insel, wer Hawai mit dem Paradies vergleicht hat keinen Ecken ab, aber ein zweites Mal muss ich nicht unbedingt gehen. Im Gegensatz zu anderen Orten die kulturell brodeln und man das Leben einsaugen kann, mit Städten wo man neues entdeckt und Leuten und Kulturen die einem fremd sind, ist man hier mehr in einem grossen "Club-Med" mit allem drum und dran. Was soll ich sagen? Man ist halt, trotz aller Exotik, noch immer in den USA... Been there, done that, wäre mein Fazit. Vielleicht zur Pensionierung wieder :-)

Und hier noch der Link zum Fotoalbum für noch mehr Fotos!